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Projekte

Wir arbeiten derzeit mit 2 Projekten in Kerala, Indien zusammen. Das Trainingszentrum für blinde Menschen, Jyothirgamaya, befindet sich in der Hauptstadt Trivandrum, während das Patenschaftsprojekt für arme Familien, Karunya, etwas südlich davon in Neyyattinkara liegt. Unten findet ihr mehr Informationen zu den beiden Projekten.

Jyothirgamaya

Jyothirgamaya [‘Tscho-dir-ga-maja‘] ist ein Trainingszentrum für blinde Menschen, in dem diese lernen und dazu ermutigt werden, ein eigenständiges Leben zu führen. Die Gründerin, Leiterin der Organisation und unsere Partnerin vor Ort ist Tiffany Brar, die selbst seit ihrem ersten Lebensjahr blind ist und in Indien geboren und aufgewachsen ist. Im Bundesstaat Kerala allein leben schätzungsweise 400.000 blinde Menschen. Im Gegensatz zu Deutschland bekommen Blinde wenig bis keine Unterstützung vom Staat. Die meisten verlassen die Schule bereitsnach wenigen Jahren, weil sie nicht mehr mitkommen oder werden gar nicht erst hingeschickt. Daher ist ihr Leben meistens vorbestimmt und sie können kaum eigene Entscheidungen treffen. Sie wachsen überbehütet in ihrer Familie auf, werden dort mit „durchgefüttert“ und werden den ganzen Tag vor den Fernseher gesetzt. Sie haben aber kaum Aussicht, selbst etwas beizutragen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Diese Problematik entspringt unter anderem den Nachwirkungen des Kastensystems und der Wiedergeburtslehre im Hinduismus (Blindheit als Strafe für Taten im vergangenen Leben), sowie der fehlenden Infrastruktur und Inklusivität des Bildungswesens, die nötig wären, um auf spezielle Anforderungen von Blinden eingehen zu können.

Jyothirgamaya fördert die Entwicklung von blinden und sehbehinderten Menschen in allen Lebensbereichen. In praktischen Orientierungs- und Mobilitätstrainings lernen Sie wie man sich allein zurechtfindet und bewegen kann, z.B. mit einem Blindenstock, wie man Bus fährt, eine Straße überquert, einen bestimmten Laden findet, usw. Außerdem bringen Tiffany und die anderen Lehrer:innen den Schüler:innen Englisch bei und zeigen ihnen wie man mit einem Computer arbeitet, was in Indien ein großer Vorteil auf dem Arbeitsmarkt ist. Abgerundet wird das Training durch angepasste Bewegungseinheiten wie Yoga oder Gymnastik, da viele Blinde sich nicht trauen oder zurückgehalten werden, Sport zu machen, und daher körperlich oft nicht fit sind. Im Gegensatz zu anderen Einrichtungen für Blinde ist das Training bei Jyothirgamaya sehr individualisiert, denn die Schüler:innen kommen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen: Manche sind Ende zwanzig und noch nie in die Schule gegangen, können nicht ohne Begleitung aus dem Haus und wurden immer vor dem Fernseher „geparkt“. Andere kommen schon selbständiger zurecht, können ein bisschen Englisch oder haben schon einen Blindenstock und können ihn benutzen. Da es Tiffany wichtig ist, dass jede:r Schüler:in möglichst viel lernt vor allem nach dem Kurs selbständiger durch das Leben gehen kann, muss der Unterricht aufjeden und jede angepasst werden. Neben praktischen Fähigkeiten stehen Selbstwachstum und Persönlichkeitsentwicklung im Vordergrund des Programms, mit dem Ziel dass die Schüler:innen danach selbst für sich einstehen können, selbst beruflich und gesellschaftlich aktiv werden und so vom Rand der Gesellschaft in deren Mitte gelangen. Zeitgleich sind bis zu 8 Schüler:innen für drei Monate im Trainingszentrum. Sie wohnen, essen, leben und lernen dort. In der Gemeinschaft lernen sie voneinander und bestärken sich gegenseitig. Abends wird gespielt, sich unterhalten, gesungen oder mit der Familie telefoniert. Als Belohnung und als Erlebnis organisiert Tiffany ab und zu kleine Ausflüge an den Strand, ins Kino oder in die Natur. Obwohl Kerala an der Küste liegt, waren viele Schüler:innen noch nie am Strand. Tiffany zeigt ihnen dass auch als Blinder alles möglich ist und gibt ihnen die Fähigkeiten und das Selbstbewusstsein, genau dies für sich zu entdecken. Mehr zu Jyothirgamaya findest du hier:

Karunya

Im Süden Indiens liegt Neyyattinkara im Bundestaat Kerala, an der Grenze zu Tamil Nadu. In diesem Gebiet leben ca. 1,5 Millionen Menschen. Obwohl der Bundesstaat Kerala als weit entwickelt gilt, leben die meisten Menschen vom geringen Einkommen, das sie durch Fischfang und kleine Landwirtschaft erhalten. Die Menschen gehören niedrigen Kasten (Dalit) an oder leben in rückständigen Gemeinschaften. Das Gebiet ist ökonomisch weniger entwickelt, was sich auch auf das pädagogische Angebot und den sozialen Zusammenhalt auswirkt.

Die Ursache dieser Rückstände ist vor allem der ökonomische Rückstand. Viele arme Familien leben in verheerenden Umständen, vor allem Witwen und chronisch Erkrankte sind betroffen. Sie haben es sehr schwer zu überleben. Manche besitzen nicht einmal ein bewohnbares Haus und können ihren Hunger nur schwer stillen. Den Kindern dieser Familien geht es schlecht, sie sind oft unterernährt, haben nicht genug Kleidung, ausreichend Bücher und andere Schulmaterialien, um die Schule besuchen zu können.

Der Sozialdienst der Diözese Neyyattinkara (NIDS) hat viele solcher Familien, die sich in brenzlicher Lage befinden, ausfindig gemacht und unterstützt diese durch das Karunya-Programm. Hierbei teilen wohlhabendere Familien ihren Wohlstand mit den ärmeren Familien. In Indien selbst sind bereits 200 solcher Patenschaften entstanden. Monatlich werden 1000 Rupien (ca. 15€) auf das Konto der bedürftigen Familien überwiesen. Eine Patenschaft besteht in der Regel 5 Jahre und kommt natürlich allen zu Gute, unabhängig der Religion. Durch diese Hilfe wird den Familien ermöglicht, in eine Ausbildung zu investieren, ihre Wohnsituation zu verbessern, sich Tiere oder ein Landstück zu erwerben oder ein eigenes Kleingewerbe zu gründen. So wirkt die Unterstützung nachhaltig.

Leider liegt die Zahl der bedürftigen Familien deutlich höher. Unser Ziel ist es deshalb, nun solche Patenschaften über die Grenzen Indiens hinweg zu vermitteln.